Viele Arbeitnehmer erleben es: Der Monatslohn bleibt aus, die Mahnung hilft nichts und der Arbeitgeber reagiert nicht.
Was viele nicht wissen: Bei Lohnrückstand steht Ihnen nicht nur der Nettolohn zu, sondern zusätzlich gesetzliche Zinsen (§ 288 BGB). Die 40-€-Verzugskostenpauschale beim Verzug von Arbeitslohn kann hingegen seit einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 25.09.2018 – 8 AZR 26/18) nicht mehr verlangt werden.
In diesem Beitrag erkläre ich, wann Verzug entsteht, wie Sie Zinsen berechnen, welche Fristen gelten und wie Sie Ihren Anspruch effektiv durchsetzen – notfalls auch mit anwaltlicher Hilfe in München.
Für Eilige:
- Lohnverzug tritt ein, wenn der Arbeitgeber den Lohn nicht rechtzeitig zahlt (§ 286 BGB) – automatisch ohne Mahnung, sobald ein kalendermäßig bestimmter Zahltag (z. B. Monatsende) verstrichen ist.
- Ab diesem Zeitpunkt entstehen Zinsen (5 Prozentpunkte über Basiszins), die Verzugspauschale von 40 € kann seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG. 25.09.2018 - 8 AZR 26/18) grundsätzlich nicht mehr verlangt werden.
- Frist: Zinsen laufen täglich weiter, bis Zahlung erfolgt.
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Wann gerät der Arbeitgeber in Verzug?
- Verzug beginnt automatisch, wenn der vertraglich vereinbarte Zahltag verstrichen ist.
- Eine Mahnung ist nicht erforderlich (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
- Bei unklarem Zahlungszeitpunkt gilt der letzte Arbeitstag des Monats als Frist.
Ausnahme: Wenn Sie Ihre Arbeitsleistung nicht erbracht haben oder sich im Annahmeverzug befinden, ruht der Anspruch.
Beispiel:
Ihr Lohn für Oktober ist am 30. Oktober fällig, Zahlung erst am 10. November → Arbeitgeber befindet sich ab 31. Oktober im Verzug.
Wieviel Zinsen stehen mir konkret zu?
Nach § 288 BGB beträgt der Verzugszins 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (derzeit – 0,88 %).
Das heißt:
Beispielrechnung bei 2 000 € Bruttolohn und 30 Tagen Verzug → ca. 2,30 € Zinsen.
Zinsen werden pro Tag anteilig berechnet.
💡 Tipp: Für die exakte Berechnung nutzen Sie Online-Zinsrechner oder Tabellen – oder lassen Sie die Zinsforderung direkt in einer Lohnklage aufnehmen.
40-Euro-Verzugspauschale: Gilt das wirklich noch im Arbeitsrecht?
Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 25.09.2018 – 8 AZR 26/18) kann die 40-€-Verzugspauschale bei Lohnforderungen grundsätzlich nicht mehr verlangt werden.
Das BAG begründet dies damit, dass § 12a ArbGG im Arbeitsrecht eine spezielle Regelung darstellt, die einen Anspruch auf außergerichtliche Kostenpauschalen im ersten Rechtszug ausschließt.
Aber:
Einzelne Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte haben die Pauschale in bestimmten Konstellationen in Ausnahmefällem trotzdem zugesprochen, insbesondere wenn:
der Arbeitgeber wiederholt im Verzug war,
und die Pauschale nicht als „Kostenersatz“, sondern als „Verzugsschaden“ eingeordnet wurde.
Für die Praxis bedeutet das:
Die Pauschale ist nach aktueller BAG-Rechtsprechung nicht durchsetzbar, kann aber in Einzelfällen argumentiert und geltend gemacht werden.

Wie setzen Sie Ihre Ansprüche durch?
Wenn der Lohn nicht kommt, heißt das nicht, dass Sie machtlos sind. Zunächst reicht ein kurzer Brief oder eine E-Mail mit Hinweis auf Verzugszins. Die sachliche Erinnerung zeigt, dass Sie wissen, was Ihnen zusteht, häufig reicht das schon.
Bleibt die Zahlung weiter aus, folgt der nächste Schritt: das Arbeitsgericht. Dort können Sie Lohn und Zinsen gemeinsam einklagen, einfach, ohne großes Risiko.
Eine mündliche Verhandlung findet meist binnen weniger Wochen statt, oft endet das Ganze im Gütetermin mit einer Zahlung oder einem Vergleich. Informationen zum Gütetermin: Gütetermin am Arbeitsgericht: Ablauf, Taktik & Kosten (2025) 🔗
💬 Tipp: Wenn der Arbeitgeber wiederholt verspätet zahlt, lässt sich über die Lohnklage oft auch strategisch ein Trennungs- oder Abfindungsverfahren anstoßen.
Sie haben einen Anspruch, wurden aber bereits gekündigt? Lesen Sie hier mehr zum Thema Kündigung:
Kündigung in der Probezeit: Mythen & Fristen richtig verstehen 🔗
💶 Lohnrückstand: Ihre Ansprüche & der schnelle Fahrplan
Kurzüberblick für Arbeitnehmer: rechtlich fundiert, sofort umsetzbar
- Lohnzahlung (brutto/netto je nach Antrag) + Zinsen (5 PP über Basiszins; § 288 Abs. 1 BGB).
- 40 € Verzugspauschale gelten seit (BAG 25.09.2018 – 8 AZR 26/18) nicht mehr.
- weitere Schäden (z. B. Dispozinsen) ersatzfähig bei Nachweis.
- Nachweis sichern: Vertrag, Abrechnung, Kontoauszug, Mails.
- kurze Zahlungsaufforderung (7 Tage) – optional.
- Arbeitsgericht: Lohn & Zinsen einklagen (auch ohne Anwalt möglich).
- Vergleich im Gütetermin häufig realistisch.
- Wiederholter Verzug: Druckmittel für Trennung/Abfindung (Taktik prüfen).
- Insolvenzgefahr: schnell klagen; ggf. Insolvenzgeld via Agentur für Arbeit.
- Zurückbehaltungsrecht möglich – nur nach individueller Prüfung (Risiken!).
- Zahltag & Höhe dokumentiert?
- Abrechnung/Kontoauszug vorhanden?
- Wiederholungsfall ja/nein?
- Insolvenzsignale im Unternehmen?
- „Ohne Mahnung keine Zinsen.“ – Doch, Verzug tritt automatisch ein.
- „Die 40 € gelten nicht im Arbeitsrecht.“ – Richtig, BAG bestätigt.
- „Ohne Anwalt keine Klage möglich.“ – Doch, beim ArbG besteht in 1. Instanz kein Anwaltszwang.
Ihr Lohn bleibt aus? Ich setze Lohn & Zinsen durch - pragmatisch, schnell, rechtssicher.
Fallbeispiele aus der Praxis
Beispiel 1 – Der wiederkehrende Verzug:
Eine Angestellte bekam monatelang erst Mitte des Folgemonats ihr Gehalt. Nach zwei Mahnungen reichte sie Klage ein und bekam neben den offenen Löhnen auch Zinsen zugesprochen.
Beispiel 2 – Kurz vor Insolvenz:
Ein kleiner Handwerksbetrieb zahlte im Februar gar nichts mehr. Durch die schnelle Klage erhielt der Mitarbeiter einen Titel und konnte beim Arbeitsamt Insolvenzgeld sichern ohne auch nur einen Cent Verlust.
Was tun, wenn der Lohn wiederholt zu spät kommt?
Wenn der Lohn nicht nur einmal, sondern regelmäßig verspätet kommt, sollten Sie nicht länger abwarten. Wiederholter Zahlungsverzug ist ein ernstes Signal, oft für organisatorische Probleme, Liquiditätsschwierigkeiten oder eine bevorstehende Insolvenz.
1. Muster dokumentieren
Notieren Sie jedes verspätete Zahlungsdatum:
Fälligkeit
tatsächlicher Zahlungseingang
evtl. Gründe/Erklärungen
Dieses Muster ist später vor Gericht oder für einen Vergleich entscheidend.
2. Schriftliche Zahlungsaufforderung (kurz & sachlich)
Weisen Sie auf:
Verzug nach § 286 BGB
Verzugszinsen
Bitte immer: per Mail + abgespeicherter Screenshot.
3. Spurwechsel: Strategische Lohnklage
Bei wiederholtem Verzug lohnt sich oft eine strategisch eingesetzte Lohnklage.
Sie zeigt:
Ernsthaftigkeit
rechtlichen Druck
Bereitschaft zur Klärung
In vielen Fällen führt das zum Vergleich im Gütetermin, oft inklusive Regelungen zu:
Zahlung der Rückstände
zukünftiger pünktlicher Zahlung
oder sogar einer einvernehmlichen Trennung mit Abfindung. Mehr Informationen zum Thema Abfindung in unserem Beitrag: Abfindung bei Kündigung oder Aufhebungsvertrag – Ihre Rechte, Risiken und Chancen 🔗
4. Warnsignale für Insolvenz prüfen
Achten Sie auf:
ausbleibende Gehälter mehrerer Mitarbeiter
fehlende Materialbestellungen
schlechte Kommunikation
Gerüchte über Aufträge oder Liquidität
Wenn diese Punkte zutreffen → sofort handeln. Dann kann es sinnvoll sein:
Klage zu erheben (Titel sichern!)
Insolvenzgeld vorzubereiten (§ 165 SGB III)
5. Prüfen, ob ein Zurückbehaltungsrecht in Betracht kommt
Bei erheblichem Rückstand kann ein Zurückbehaltungsrecht bestehen, sprich das Zurückhalten von Arbeitsleistung. Hier sollte man jedoch vorsichtig und nur nach individueller Prüfung agieren, da Fehler zu einer Abmahnung führen können.
Wie Sie sich bei einer Kündigung wehren können, finden Sie hier: Kündigungsschutzklage: Ablauf, Fristen, Erfolgsaussichten & Abfindung (mit Checkliste) 🔗

Verjährung & Fristen
Offene Löhne verjähren regelmäßig nach drei Jahren (§ 195 BGB), gerechnet ab Jahresende.
In vielen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen finden sich jedoch Ausschlussfristen von nur drei Monaten. Wer hier nicht rechtzeitig reagiert, verliert seine Ansprüche unwiderruflich.
Daher: Jede Lohnverzögerung sofort schriftlich dokumentieren und notieren, wann das Geld einging.
Sie benötigen Hilfe?
Wenn Zahlungen über Wochen ausbleiben oder der Arbeitgeber in wirtschaftliche Schieflage gerät, hilft ein anwaltliches Schreiben oft mehr als zehn Erinnerungen. Es zeigt Professionalität und rechtlichen Ernst.
Gerade in München lassen sich Lohnrückstände beim Arbeitsgericht häufig binnen weniger Tage titulieren, danach drohen Kontopfändung und Eintrag ins Schuldnerverzeichnis. Das erzeugt Druck und beschleunigt die Zahlung deutlich.
Ihr Arbeitgeber zahlt nicht rechtzeitig?
Ich prüfe Ihren Anspruch auf Lohn, Zinsen und Verzugspauschale schnell, transparent und rechtssicher.
FAQ: Lohnrückstand & Verzugspauschale
Wann ist der Arbeitgeber im Zahlungsverzug?
Der Arbeitgeber ist im Verzug, sobald der vereinbarte Zahltag (meist Monatsende) verstrichen ist, auch ohne Mahnung (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Zahlt er zum Beispiel am 10. des Folgemonats, befindet er sich ab dem 1. des Folgemonats im Verzug.
Kann ich eine 40-Euro-Verzugspauschale verlangen?
Grundsätzlich nein. Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 25.09.2018 – 8 AZR 26/18) ist die Pauschale bei Lohnforderungen nicht mehr durchsetzbar. Grund: § 12a ArbGG verbietet im ersten Rechtszug pauschalierten Kostenersatz. Einige Arbeitsgerichte haben die Pauschale in Einzelfällen dennoch zugesprochen, rechtlich sicher ist sie aber nicht.
Gilt das auch für Minijob oder Teilzeit?
Ja, solange ein Arbeitsverhältnis mit kalendermäßig bestimmter Vergütung besteht.
Was ist, wenn der Arbeitgeber insolvent ist?
Dann können Arbeitnehmer Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit beantragen (§ 165 SGB III). Das deckt die letzten drei Monate Gehalt vor der Insolvenz ab. Wichtig: Lohnrückstände und Zinsen sollten vorher gerichtlich tituliert sein, um keine Ansprüche zu verlieren.
Wie lange kann ich Verzugszinsen fordern?
Verzugszinsen laufen ab Beginn des Verzugs täglich weiter, bis der Arbeitgeber vollständig zahlt. Innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) können sie geltend gemacht werden. Achtung: In vielen Arbeitsverträgen gibt es Ausschlussfristen (z. B. 3 Monate).
Sind Verzugszinsen im Arbeitsrecht immer durchsetzbar?
Ja. Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB (5 Prozentpunkte über Basiszins) gelten uneingeschränkt auch im Arbeitsrecht. Sie sind echter Verzugsschaden, kein Kostenersatz, und daher nicht von § 12a ArbGG betroffen.
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