Manchmal kommt alles auf einmal: Die Kündigung liegt im Briefkasten, der erste Schock sitzt tief und erst Tage später fällt auf, dass die dreiwöchige Frist für die Kündigungsschutzklage vorbei ist. Viele denken dann, dass jede Chance verloren ist.
Doch das stimmt nicht immer. In bestimmten Ausnahmefällen lässt das Arbeitsgericht eine Klage nachträglich zu, geregelt in § 5 KSchG.
In diesem Leitfaden erkläre ich, wann das möglich ist, welche Belege Sie brauchen und wie Sie richtig reagieren, damit Ihre Klage trotzdem eine Chance hat.

Kurzantwort (für Eilige): Kündigungsschutzklage – Frist versäumt

Grundregel: Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden (§ 4 KSchG). Danach gilt die Kündigung grundsätzlich als wirksam.

Aber: Das Arbeitsgericht kann die Klage nachträglich zulassen (§ 5 KSchG), wenn Sie die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt haben – etwa wegen schwerer Krankheit, Fehlzustellung oder falscher behördlicher Auskunft.

Fristen: Antrag innerhalb von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses und spätestens 6 Monate nach Ablauf der 3-Wochen-Frist.

Belege: Ärztliches Attest, Entlassungsbericht, Post-Tracking, Zeugen oder Schriftverkehr.

Vorgehen: Klage + § 5-Antrag gleichzeitig einreichen → Gründe belegen → Gütetermin abwarten.

Zur Fristenberechnung (3-Wochen-Guide)

Fall prüfen lassen

Wann eine verspätete Klage noch Aussicht hat

Die nachträgliche Zulassung ist die Ausnahme, aber sie ist ausdrücklich gesetzlich möglich.
Das Arbeitsgericht prüft, ob Sie die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt haben und sofort gehandelt haben, sobald das Hindernis weg war.

Anerkannte Gründe:

  • stationäre oder schwere Erkrankung mit Belegen,

  • falsche behördliche Auskunft,

  • fehlerhafte oder fehlende Zustellung der Kündigung.

Keine ausreichenden Gründe:

  • Urlaub ohne Postnachsorge,

  • Unwissen über Fristen,

  • „Ich dachte, Widerspruch reicht.“

📌 Gerichte erwarten schnelles Handeln: Meist innerhalb von ein bis zwei Tagen nach Genesung oder Kenntnis.

Falls Sie grundlegende Informationen zur Kündigungsschutzklage benötigen, lesen Sie unseren Beitrag: Kündigungsschutzklage: Ablauf, Fristen, Erfolgsaussichten & Abfindung (mit Checkliste) 🔗

Entscheidungs-Infografik: Habe ich noch eine Chance?

1️⃣ War ich objektiv gehindert zu handeln?
→ Ja (z. B. Krankenhaus, Fehlzustellung) → weiter zu 2 / Nein → keine Zulassung.
2️⃣ Liegen Belege vor?
→ Ja (Attest, Zeugen, Posttracking) → weiter zu 3 / Nein → nachreichen oder geringe Chancen.
3️⃣ Reagierte ich innerhalb von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses?
→ Ja → § 5 KSchG wahrscheinlich erfolgreich / Nein → Ablehnung wahrscheinlich.
4️⃣ Sind weniger als 6 Monate vergangen?
→ Ja → noch zulässig / Nein → absolute Sperrfrist.

Beleg-Checkliste für den § 5-Antrag

BelegZweckWann ausreichend
Ärztliches Attest / EntlassungsberichtNachweis der HandlungsunfähigkeitZeitraum deckt Frist ab
Post-Tracking / EmpfangsbelegeBeweis für späten ZugangFehler nachweisbar
Eidesstattliche Erklärungeigene Glaubhaftmachungmit Ort, Datum, Unterschrift
Zeugen-Bestätigungergänzender Nachweisschriftlich, konkret
Behördenschreiben / AuskunftBeleg falscher InformationKopie vorhanden

Falls Sie genauere Informationen zur Frist benötigen, lesen Sie unseren Artikel: Kündigungsschutzklage: Fristen richtig berechnen 🔗

Erfolgschancen nach Grund

GrundErfolgschanceGerichtliche Tendenz
Stationäre Krankheit🟩 hochregelmäßig anerkannt
Post-Fehlzustellung🟨 mittelabhängig vom Nachweis
Falsche behördliche Auskünfte🟩 hochbei Belegen günstig
Urlaub ohne Vorsorge🟥 geringEigenverschulden
Frist vergessen🟥 sehr geringkeine Zulassung

Ablauf & Fristen im Überblick

Zeitplan nach § 5 KSchG

  • Tag 0: Hindernis endet (z. B. Entlassung aus Krankenhaus)
  • Bis Tag 14: Antrag + Klage einreichen
  • Bis Monat 6: Absolute Grenze, danach keine Zulassung mehr

Praxisfälle aus der Rechtsprechung

Fall A – Krankenhausaufenthalt:
Herr S. lag zehn Tage stationär mit hohem Fieber. Antrag zwei Tage nach Entlassung → nachträgliche Zulassung erteilt.

Fall B – Post fehlgeleitet:
Frau L. zog um, Kündigung kam an alte Adresse. Zugang unklar, Nachweise vorhanden → Zulassung erfolgreich.

Fall C – Urlaub ohne Vorsorge:
Herr B. war drei Wochen im Ausland, Briefkasten ungeleert → Antrag abgewiesen.

Akten als Symbolbild für Fälle von Zulassung einer verspäteten Kündigungsschutzklage

Hinweis: Auch wenn § 5 KSchG streng ist, die Gerichte lassen verspätete Klagen häufiger zu, als viele glauben. Entscheidend sind schnelle Reaktion, gute Belege und eine saubere Begründung.

Sie benötigen Hilfe?

Wer die Frist versäumt hat, sollte nicht zögern: Je schneller der Antrag gestellt und begründet wird, desto eher lässt das Gericht ihn zu.
Lassen Sie Unterlagen prüfen und sichern Sie Beweise, am besten innerhalb von 48 Stunden nach Kenntnis.

FAQs: Kündigungsschutzklage Frist versäumt

  • Wie lange habe ich Zeit für den Antrag?

    Innerhalb von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses, maximal 6 Monate nach Fristende.

  • Reicht ein Attest aus?

    Ja, wenn es den Zeitraum der Handlungsunfähigkeit klar abdeckt und die Frist plausibel hemmt.

  • Was passiert, wenn der Antrag abgelehnt wird?

    Die Klage gilt als unzulässig, die Kündigung bleibt wirksam. Nur noch Abwicklungsverhandlungen möglich.

  • Muss ich Klage und Antrag gleichzeitig einreichen?

    Ja, beides Klage und § 5 Antrag müssen gemeinsam beim Arbeitsgericht eingehen.


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