Kurzantwort (für Eilige):
Mehrere befristete Verträge hintereinander („Kettenbefristung“) sind nicht automatisch unzulässig. Entscheidend sind Dauer, Anzahl der Verträge, Gründe und Planbarkeit.

Was heißt „Kettenbefristung“ und wann ist sie problematisch?

Von Kettenbefristung spricht man, wenn ein Arbeitsverhältnis mehrfach befristet hintereinander abgeschlossen oder verlängert wird. Das ist nicht per se unzulässig. Gerichte prüfen aber, ob der Arbeitgeber Befristungen missbräuchlich nutzt, um Dauerarbeitsplätze ohne Schutzrechte zu besetzen.

Signal für Missbrauch (überblicksartig):

  • außergewöhnlich lange Gesamtdauer der Befristungen,

  • sehr viele Anschlussverträge,

  • formal begründete Vertretung, obwohl tatsächlich ein Dauerbedarf besteht,

  • vorhersehbare Aufgabenplanung über Jahre, aber trotzdem Ketten.

Merke: Je länger und zahlreicher die Befristungen, desto genauer schauen Gerichte hin, vor allem, wenn die Tätigkeit kontinuierlich gebraucht wird.

Sachgrundlos vs. mit Sachgrund - eine schnelle Einordnung

Sachgrundlose Befristung (§ 14 Abs. 2 TzBfG):

Eine sachgrundlose Befristung darf max. 24 Monate und bis zu 3 Verlängerungen innerhalb dieser 24 Monate umfassen. Die Befristung gilt nicht als sachgrundlose Befristung, wenn eine Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber bestand (mit wenigen, engen Ausnahmen der Rechtsprechung).

Achtung: Eine „Verlängerung“ ist nur wirksam, wenn ausschließlich die Laufzeit geändert wird. Änderungen bei Gehalt, Stunden, oder Aufgabe bedeuten immer, dass ein neuer Vertrag zustande gekommen ist. Dies kann unzulässig sein.

Befristung mit Sachgrund (§ 14 Abs. 1 TzBfG):

Wie z. B. bei einer Vertretung, vorübergehendem Bedarf (Projekt/Spitze), Erprobung oder Drittmitteln (häufig im öffentlichen Dienst/Hochschule). Hier sind auch mehrere Befristungen nacheinander möglich.

Achtung: Nach Entscheidung des des Bundesarbeitsgerichts greift eine Missbrauchskontrolle bei Befristungen mit Sachgrund, die in Summe über 8 Jahre Bestand haben oder Befristungen die länger als 6 Jahre Bestand haben und bereits mehr als 9 Mal verlängert wurden. Bei einer positiven Entscheidung des Gerichts liegt dann automatisch ein unbefristeter Arbeitsvertrag vor. 

Typische Szenarien und wie man sie rechtlich einordnet

„Ich wurde 4-mal verlängert, alles sachgrundlos.“

  • Prüfung: Gesamtdauer > 24 Monate oder > 3 Verlängerungen? Wurden Arbeitsbedingungen geändert? Vorbeschäftigung?
  • Gute Ansatzpunkte für Entfristung, da mehr als 3 Verlängerungen.

„Ständige Vertretung. Ich mache seit Jahren Daueraufgaben.“

  • Prüfung: Bei Sachgrund Vertretung sind Ketten möglich. Wenn aber faktisch Dauerbedarf besteht (gleiches Team, gleiche Aufgaben, planbar), spricht viel für Missbrauch.
  • Gute Ansatzpunkte und Chancen für eine Entfristung.

Öffentlicher Dienst / Hochschule

  • Häufig werden „Projekt“, „Drittmittel“ oder „Vertretung“ als Begründung herangezogen.
  • Entscheidend: echter Zeitbedarf oder dauerhafte Aufgaben? Dokumentation (Projektlaufzeiten, Vertretungspläne) ist hier Gold wert.

Weiterarbeit nach Enddatum

Wer nach Vertragsende weiterarbeitet und der Arbeitgeber nicht widerspricht, landet sehr schnell bei einem unbefristeten Vertrag (§ 15 Abs. 5 TzBfG). 

Entfristungsklage: Frist, Ablauf, Erfolgschancen

Frist:
Die Feststellung, dass die Befristung unwirksam ist, müssen Sie innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Vertragsende beim Arbeitsgericht einklagen (§ 17 TzBfG).

  • Fristbeginn: Tag nach dem Enddatum.

  • Fällt das Fristende auf einen Samstag/Sonntag/Feiertag gilt der nächster Werktag.

  • Nur die Klage wahrt die Frist, nicht ein Schreiben an den Arbeitgeber.

Ablauf in der Praxis (kurz):

  1. Quick-Check (Rechtsgrund, Kettenbild, Dokumente).

  2. Klageeinreichung (Frist wahren!), Begründung nachreichen möglich.

  3. Gütetermin (oft innerhalb Wochen), Kammertermin später. Weitere Informationen hier: Gütetermin am Arbeitsgericht 🔗, Kammertermin 🔗

  4. Ziel: Feststellung unbefristet oder Vergleich (z. B. Weiterbeschäftigung/Abfindung).

Erfolgschancen und wovon sie abhängen:

  • Gesamtdauer & Anzahl der Verträge,

  • Qualität/Ernsthaftigkeit des Sachgrunds,

  • Planbarkeit der Aufgaben,

  • Formfehler (falsche Verlängerung, Vorbeschäftigung übersehen, Bedingungen geändert).

7 Anzeichen, dass Ihre Kettenbefristung angreifbar ist

  1. mehr als 24 Monate sachgrundlos oder mehr als 3 Verlängerungen.

  2. „Verlängerungen“ mit gleichzeitiger Gehalts-/Stunden-/Aufgabenänderung.

  3. Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber. Sachgrundloser Weg somit versperrt.

  4. Gleichbleibende Daueraufgaben über Jahre trotz „Vertretung“.

  5. Projekt/Spitzen laufen faktisch dauerhaft.

  6. Nahtlose Anschlussverträge ohne echte Prüfung des Bedarfs.

  7. Weiterarbeit nach Enddatum, ohne Widerspruch.

Ihr 48-Stunden-Plan (München: Same-Day möglich)

Heute (0–24h)

  • Enddatum & Kettenverlauf notieren (alle Verträge/Änderungen).

  • Unterlagen sammeln: Verträge, Verlängerungen, Mails zu „Vertretung/Projekt“, Dienstpläne.

  • Kernfragen notieren: Dauer, Anzahl, Gründe. Passt das zur tatsächlichen Arbeit?

Morgen (24–48h)

Hinweis für München: Wir sitzen nahe dem Arbeitsgericht. Einreichung am selben Tag ist möglich, wenn die Basics vorliegen.

Welche Unterlagen helfen der Entfristungsklage?

  • Alle Befristungs- und Verlängerungsverträge (auch Zwischenversionen/Anpassungen).

  • E-Mails/Aushänge zu Vertretung/Projekt, Dienstpläne, Organigramme.

  • Stellenbeschreibungen / Ausschreibungen (Dauerposten?).

  • Zeitnachweise / Aufgabenliste (zeigt Kontinuität).

  • Zeugen (Teamleitung/HR), falls nötig.

Häufige Irrtümer (kurz & klar)

Nach 2 Jahren ist automatisch unbefristet.“ → Nein. Trifft nur zu, wenn die sachgrundlose Grenze überschritten/fehlerhaft genutzt wurde oder weitergearbeitet wurde.

Vertretung kann man immer verlängern.“ → Nicht grenzenlos. Bei Dauerbedarf wird’s angreifbar.

Neuer Vertrag = neue 24 Monate.“ → Falsch. Die Gesamtkette zählt. Eine Vorbeschäftigung kann den Faktor sachgrundlos sperren.

Ein Brief an HR wahrt die Frist.“ → Nein. Nur Klage wahrt die 3-Wochen-Frist.

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FAQs - Kettenbefristung und Entfristungsklage

  • Wann muss ich Entfristungsklage erheben?

    Binnen 3 Wochen nach dem Enddatum des befristeten Vertrags (§ 17 TzBfG).

  • Darf der Arbeitgeber unbegrenzt wegen Vertretung befristen?

    Es gibt keine starre Obergrenze, aber eine Missbrauchskontrolle (Dauer, Anzahl, Planbarkeit).

  • Zählt eine Vertragsänderung als Verlängerung?

    Nur wenn ausschließlich die Laufzeit geändert wird. Sonst neuer Vertrag → kann unzulässig sein.

  • Ich habe früher schon dort gearbeitet und jetzt sachgrundlos befristet.

    Vorbeschäftigung kann die sachgrundlose Befristung sperren (mit engen Ausnahmen).

  • Ich habe nach dem Enddatum weitergearbeitet.

    Das kann zu einem unbefristeten Vertrag führen (§ 15 Abs. 5 TzBfG). Schnell handeln!


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